Die 247 Einzelblätter der Landeskarte der Schweizerischen Landestopografie im Massstab 1:25000 gelten seit Jahrzehnten als ein Wunderwerk kartografischer Detailgenauigkeit. Wegen ihrer geradezu uhrmacherischen Präzision werden sie nicht nur in der Fachwelt hoch gelobt; sie sind auch das beliebteste Kartenmaterial der Schweizer:innen – zum Wandern, Planen und Entdecken.
Meine neue fotografische Serie im klassischen Verfahren der Cyanotypie habe ich auf alte Kartenblätter gedruckt, deren Gebrauchsspuren, Knicke und handschriftliche Anmerkungen von den Nutzungen durch die ehemaligen Besitzer:innen erzählen. Sie erzählen aber auch von vergangenen Zeiten, machen die Veränderungen sichtbar, die sich durch unser Land fressen: Von den ausufernden Agglomerationen in der zersiedelten «Hüsli-Schwiiz», über die Industriezonen, die sich im Mittelland links und rechts der Autobahn aneinanderreihen, bis zum dramatischen Rückgang der Alpengletscher. All diese Entwicklungen werden von Swisstopo, wie sich die Landestopographie heute nennt, Jahr für Jahr minutiös protokolliert und kartographisch festgehalten. Das Kartenwerk ist unerbittlich und macht die Folgen des verheerenden
menschlichen Fussabdrucks sichtbar. Zeitdokument und Mahnmal zugleich.
Zudem sind es auch ganz aparte, eigentliche grafische Kunstwerke, deren Höhenlinien, Wegenetz und dezente Farbgebung in der Siedlungs-, Vegetations- und Geländedarstellung einen reizvollen Hintergrund für die fotografischen Blautöne der überlagernden Cyanotypien abgeben. Die beiden unterschiedlichen Formen der visuellen Darstellung ergänzen und addieren sich zu etwas Eigenständigem, das den Blick gleichzeitig auf die Nähe der Fotografie und die Grossräumigkeit der Kartografie freigibt und neu interpretiert.
Die monochromen Fotografien von Landschaften bzw. die Landschaft prägenden Elementen wie Bäumen, Gebäuden oder auch Erholungs- und Tourismusinfrastruktur entstanden sämtlich in den beiden Jahren der Covid-19-Pandemie. Während wir alle in unserem Land festsassen, entdeckte ich meine Umgebung aufs Neue. In der Schweiz eingesperrt zu sein, erwies sich für mich als ein Privileg.
Sowohl das verwendete Kartenmaterial als auch die Fotografien sind lediglich Momentaufnahmen, Abbild einer sich ständig verändernden Welt. In immer kürzeren Abständen müssen die Karten nachgeführt und neu herausgegeben werden. Nicht nur wegen der Siedlungsentwicklung; der Klimawandel lässt Seen schrumpfen und Gletscher schmelzen, die unwiederbringlich verloren sind. Meine Bilder sollen auch dazu auffordern, genauer hinzuschauen, auf Veränderungen zu achten und achtsamer mit dem Bestehenden umzugehen.
Montag bis Sonntag 12 – 19:00 Uhr
Dienstag 21. März 2023, ab 17 Uhr
Donnerstag 30. März 2023, ab 17 Uhr
Sonntag 2. April 2023, ab 12 Uhr
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Ausserhalb der Öffnungszeiten nach Vereinbarung: +41 79 635 7047